Freitag, 29. Januar 2010

Viel Zeug

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Nadja drehte sich nach ihrer kurzen Besichtigungstour zurück zu Steffen. Der hatte am Eingang brav gewartet. "Ich hoffe es gefällt dir?" Er klang ein wenig besorgt. Nadja stand mitten im Raum. Sie genoss die kühle Luft im Gebäude und den weichen Teppich. Und wenn das Bett so bequem war, wie es aussah, dann würde sie darin wie auf Wolken schlafen. Sie nickte: "Es ist toll!"

Steffen machte ein erfreutes Gesicht. "Wir haben noch ein paar Kleinigkeiten zu erledigen. Du hast ja ein paar Sachen mitgebracht. Ich hol jetzt mal meinen Wagen und wir schauen mal, was du noch brauchst. Ja?" Nadja zuckte die Schultern. Was hätte sie auch sonst sagen sollen. Steffen deutete auf den Tisch. "Magst du vielleicht solang einfach auspacken. Stell die Sachen einfach auf den Tisch. Wir schauen dann gleich mal durch." Damit verschwand er. Die Türe der Box lies er einfach offen.

Nadja durchfuhr es heiß und kalt. Sie sah auf die Plastiktüten in ihrer Hand und dann auf den Weg nach draußen. Sie könnte weglaufen. Sie war unbewacht. Das erste mal seit drei Monaten war sie wirklich für einen Augenblick allein. Sie bräuchte nur hinauszurennen. Aber dann spürte sie den Stich. Dies war eine Insel. Wohin sollte sie laufen? Am Flughafen wartete ein Flugzeug. Aber nur auf Tom. Vielleicht könnte sie sich hineinschleichen. Regungslos stand sie in ihrer Box und ihre Gedanken rasten. Dann atmete sie tief durch und schloss die Augen.

Tom hatte die Wahrheit gesagt. Und auch Steffen sah wenig bedrohlich aus. Und sie wusste beim besten Willen nicht, wohin sie gehen könnte. Eine Flucht wollte gut vorbereitet sein. Sie beschloss fürs Erste zu gehorchen und machte sich schließlich daran, den Inhalt der Plastiktüten auf dem Tisch zu verteilen. Viel war ihr nicht geblieben. Sie war mit einem großen Reisekoffer von Kiew aus aufgebrochen. Und jetzt passte alles, was sie hatte in zwei Tüten.

Ihr wurde warm ums Herz als sie ihre Fotoalbum wieder auspackte und auch den Teddy. Alles was wichtig war, hatte sie zurück. Und während sie darüber nachdachte musste sie grinsen. Klamotten würde sie ja auf dieser Insel ohnehin nicht brauchen.

Auf dem Gang holperte es und dann erschien Steffen wieder in der Türe. Er hatte einen Wagen dabei, wie er in Hotels von Zimmermädchen benutzt wird. Viele Schubladen waren daran. Obendrauf stand ein Plastikkorb. Er schaute auf das Sammelsurium auf dem Tisch.

"Danke, dass du ausgepackt hast.", sagte er freundlich und besah dann die einzelnen Sachen. "Diese ganzen Pflegesachen. Das Shampoo, Duschgel und die ganze Schminke, legst du da großen Wert drauf? Magst du die Marken? Ich würde dir gern neue Sachen geben und diese wegtun." Nadja zuckte die Schultern. Im Puff waren diese Produkte alle Mangelware gewesen. Man hatte genommen, was es gerade gab. Und es gab nur, was Irgendwelche der Wächter aus dem Supermarkt besorgten. Steffen nahm den Korb von dem Wagen herunter und stellte ihn auf den Stuhl. Dann fing er an sämtliche Kosmetika und Waschlotionen hineinzustellen. Nadja sah ruhig zu. Argwöhnisch achtete sie darauf, dass er nichts von ihren persönlichen Sachen wegnahm. Aber die berührte er nicht einmal.

Dann ging er an seinen Wagen: "So, wollen wir doch mal sehen. Also erstmal das wichtigste: Sonnencreme Lichtschutzfaktor 50. Damit werden wir für dich mal anfangen. Die Sonne ist hier wirklich mörderisch und du bist weiß wie ein Frischkäse! Ich möchte nicht, dass du dich verbrennst!" Er fing an immer mehr Dinge auf den Tisch zu stellen. Zu der Sonnencreme gesellten sich schließlich Shampoo, Spülung, Haarkur, Duschgel, Intimwaschlotion, Bodylotion, Zahnpasta, eine nagelneue Zahnbürste, eine schicke Haarbürste und noch ein paar sonstige Kleinigkeiten. Dann schaute er zufrieden auf den Tisch. "Was vergessen? Ich glaub nicht. Ach doch. Eine Tasche für die Sachen, wenn du zur Dusche gehen möchtest. Und natürlich Handtücher." Er war voll in seinem Element. Er legte zwei große und ein kleines flauschiges Handtuch aufs Bett und dazu einen Beutel.

Nadja starrte all die Sachen an. Schon die Flaschen und Tuben in denen die Sachen waren sahen teuer aus. Und insgeheim träumte sie schon von einer ausgiebigen Dusche mit dem teuren Shampoo und all den anderen Sachen. Zwar war ihr im Puff egal gewesen, wie sie aussah und das war es eigentlich auch jetzt noch. Aber sie wollte sich so gern wieder einmal wirklich sauber fühlen. Und sie hasste ihre widerspenstigen spröden Haare.

"Magst du die Sachen mal wegräumen. Neben dem Waschbecken sind ja reichlich Ablagen." Nadja nickte. Sie sagte immer noch nichts aber sie machte sich brav daran all die neuen Dinge zu verstauen. Steffen betrachtete derweil den Rest der noch auf dem Tisch lag: Ihr Schmuck, der Pass, der Teddy und das Fotoalbum mit den losen Bildern. Abwartend sah er Nadja dann zu und reichte ihr die einzelnen Sachen an. Als sie fertig war griff er in ein Fach im Wagen und zauberte ein schwarzes Kästchen hervor. In goldenen Buchstaben stand "Nadja" auf dem Deckel. Es war etwa 10x15 cm groß und so etwa 5 cm hoch. Sie betrachtete es ehrfürchtig. "Hier", sagte er dann und reichte es ihr "Das ist für dich. Ich trage keinen Schmuck. Aber du kannst deinen hinein tun."

Er sah sie mit einem verschmitzten lächeln an und behutsam nahm Nadja das Kästchen und öffnete es. Innen war es mit rotem Samtstoff ausgekleidet und kleine Fächer waren angeordnet um den Schmuck darin zu ordnen: "Danke..", stammelte sie verlegen und die Röte schoss ihr ins Gesicht. "Leg die Sachen nur hinein. Ich darf doch mal kurz?" Er nahm die losen Fotos und peilte ihre Größe. Während Nadja noch mit dem Enthusiasmus eines kleinen Kindes ihren Schmuck in dem Kästchen drapierte legte er vier Bilderrahmen auf den Tisch. "Für deine Fotos. Damit du sie aufstellen kannst. Ich denke du möchtest sie betrachten?"

Nadja erstarrte. Schon lange hatte sie nichts mehr geschenkt bekommen und nun gleich so viele Dinge. Sie lies sich überwältigt auf das Bett fallen und schlug ihre Hände vor ihr Gesicht. Sie wollte nicht, dass Steffen sie weinen sah. Aber sie war einfach nicht mehr Herr ihrer Gefühle.

Steffen zog sich ein wenig zurück und wartete vor der Türe, bis sie sich etwas beruhigt hatte. "Entschuldige, dass ich weinen musste. Aber es kam einfach so über mich.", gab sie beschämt zu, als er wieder herein kam. Dann nahm er ihre Hand und sah ihr in die Augen. "Das ist vollkommen Ok. Lenken wir dich ein bisschen ab. Möchtest du duschen?" Nadja nickte. "Nichts lieber als das!"

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