Mittwoch, 11. August 2010

Die Neue

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Unruhig betrat Nadja den Klassenraum. Was nun kam behagte ihr nicht besonders. Etwa 20 Schüler saßen im Raum und jeder schaute sie an. Gleich würde sie sich vorstellen müssen. Das kannte sie schon von früher. Nach vorne stellen und etwas über sich erzählen. Sie schauderte kurz. Mary nahm sie weiter an die Hand. "Komm, du kannst dich hier neben mich setzen."

Nadja nickte kurz und folgte ihr. Den anderen gegenüber quetschte sie ein kurzes "Hi." heraus. Sie versuchte durchzuatmen, als sie auf ihrem Platz saß. Aber auch das gelang nicht so recht. Schon wurden ihre Hände schwitzig und sie ging im Kopf durch, was sie gleich erzählen würde.

Dann klingelte es zum zweiten Mal und der Lehrer kam herein. Ein dynamischer junger Mann. Nur wenig älter als Joe, wenn überhaupt. Alle Schüler, und mit ihnen Nadja, waren aufgestanden und es wurde ein "Guten Morgen.", ausgetauscht. Dann nickte der Lehrer freundlich und sein Blick fiel auf Nadja. "Nadja, folgst du mir kurz auf den Flur bitte? Und ihr übrigen schlagt derweil das Kapitel sechs auf. Da hatten wir vor den Ferien gestoppt. Wenn jemand Lust hat kann er Aufgabe eins an der Tafel lösen."

Damit stand er an der Türe und wartete auf die verdutzte Nadja. Mary gab ihr einen Schubs. "Na geh schon. Der wird dich nicht beißen." Von links kam ein Kichern: "Nicht fest jedenfalls." Der Lehrer schmunzelte und Nadja tapste etwas verwirrt mit dem Lehrer hinaus auf den Flur. In der Klasse raschelte es. Bücher wurden aufgeschlagen und leises Gerede begann.

Unsicher schloss Nadja die Türe und wandte sich dem Lehrer zu. Der streckte ihr die Hand hin. "Guten Morgen Nadja. Mein Name ist Dean Holland. Und ich bin dein Mathelehrer. So wie du guckst hat dir noch keiner verraten, wie das hier bei uns läuft." Zögerlich schüttelte Nadja den Kopf. "Jeder hasst es und trotzdem wird es ständig so gemacht: Man zerrt den neuen Schüler vor die Klasse und lässt ihn sich vorstellen. Das macht nicht nur ein Lehrer sondern jeder Lehrer und jedes mal wird es peinlicher."

Nadja sah ihn nur mit großen Augen an. Mr. Holland lachte etwas. "Also wir machen das hier eben nicht so. Wenn du einen neuen Lehrer hast, wird er dich, genau wie ich, vor der Stunde kurz hinaus bitten. Man unterhält sich kurz und dann geht man wieder hinein. Und deinen Mitschülern kannst du dich vorstellen, wann und wie du das für richtig hältst. Die werden schon noch ankommen und fragen. Aber niemand nötigt dich vor einer Gruppe zu sprechen."

Nadja wusste kaum wie ihr geschah. Jegliche Anspannung fiel von ihr ab. Jemandem in der Pause was zu erzählen, von Angesicht zu Angesicht, war etwas ganz anderes. Und sie war so erleichtert, sich nicht vor allen vorstellen zu müssen. "Das ist toll.", flüsterte sie fast. "Also: Ich mache auch den Anfang.", erklärte Mr. Holland dann. "Meinen Namen weißt du ja schon. Ich Unterrichte hier Mathematik und Sport. Ich habe in Washington studiert und bin hier aber erst seit drei Jahren Lehrer. Aber es macht mir großen Spaß. Ach, und ich bin 29 Jahre alt. Nun zu dir: Was ich von dir weiß ist, dass du aus der Ukraine kommst und dort bisher nur die Volksschule beendet hast. Umso beeindruckender, dass du unsere Aufnahmeprüfung bestanden hast."

Nadja nickte gelöst. Auch dass der Lehrer sich vorstellte war ihr höchst angenehm. Das machte das ganze zu einem echt fairen Gespräch statt einer Fragestunde. "Ja das ist richtig.", bestätigte sie erstmal. "Ich wohne jetzt hier in Seattle bei einem Freund meiner Mutter. Und ich bin 16 Jahre alt. Ich war leider ein Jahr lang nicht in der Schule. Meinen Abschluss in der Ukraine habe ich schon letztes Jahr gemacht. Umso mehr freu ich mich endlich wieder zur Schule zu gehen. Meine Mutter ist übrigens zur Hälfte Deutsche. Und ich spreche noch besser Deutsch als Englisch. An meiner Sprache übe ich noch sehr viel. Vor allem weiß ich oft nicht die richtigen Worte. Aber ich gebe mir Mühe, dass das schnell besser wird." Sie schaute ihn unsicher an. Würde er nach dem Jahr Lücke fragen?

Mr. Holland nickte anerkennend. "Das ist die richtige Einstellung. Und das mit der Sprache kommt schon noch ganz von alleine. Kannst du eine Sportart besonders gut?", hakte er noch nach. Aber Nadja schüttelte den Kopf: "Ich hab früher gern Volleyball gespielt. Aber nie besonders gut." Wieder nickte er. "Wenn du je Lust hast etwas richtig gut zu lernen, dann probier es mal in einer der Schulmannschaften. Es gibt hier fast jeden Mannschaftssport und auch viele Einzelsportarten. Aber nun gehen wir wieder rein." Wieder schüttelte er ihr die Hand. "Danke für deine Auskünfte und viel Erfolg an der neuen Schule."

Gelöst betrat Nadja wieder das Klassenzimmer und ging mit einem sanften Lächeln zurück auf ihren Platz.

1 Kommentar:

  1. Hach jaa.. Ich wollte, das wäre überall so! Das motiviert ja gleich noch mal oben drauf, an so einer tollen Schule erst reecht noch besser zu lernen.
    Mit 29 Jahren an einer Eliteschule Lehrer sein, das setzt auch gewisse besondere Fähigkeiten voraus. Hoffentlich beweist er die vor der Klasse und nicht irgendwie privat. Niht, dass ihr der Lehrer plötzlich besser gefällt als Joe ;-)

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