Montag, 9. August 2010

Schule

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Aufgeregt saß Nadja beim Frühstück. In ihrer Schuluniform wirkte sie, wie aus dem Ei gepellt. Immer wieder trappelte sie mit den Füßen auf dem Boden oder knetete ihre Finge während sie kaute. Es war Montag und es war kurz vor acht Uhr morgens. Joe saß wie immer neben ihr am Tisch und bemerkte natürlich die Aufregung.

Worte, sie zu beruhigen, fand er schon seit Samstag Abend keine mehr. Er nahm schlicht sanft ihre Hand und legte sie in seine. Dann sah er sie verliebt an und nickte ihr aufmunternd zu.

Stumm nickte Nadja. "Aber ich bin halt so aufgeregt.", flüsterte sie leise. Ihre Gedanken schweiften wirr umher. Sie dachte an ihre alte Schule und daran, dass sie dort wenig Anschluss gehabt hatte. Zum Teil lag das natürlich daran, dass ihr Vater jeden Jungen, der es wagte sich daheim blicken zu lassen unverzüglich verjagte. Und auch zu Mädchen war er wenig freundlich gewesen. Aber zu einem anderen Teil lag es auch daran, dass sie in ihrer Schule zu den Strebern gehört hatte. Und da war der Freundeskreis ohnehin dünn gesät.

Wie würde es nun werden? In einer Schule, wo es Grundvoraussetzung für die Aufnahme war, ein Streber zu sein. Sie atmete tief durch. Joe hatte sie in den Arm genommen und sanft an sich gedrückt. "Du hast alle Bücher. Du hast deine Uniform. Du hast gelernt wie eine Irre und du kennst den Schulweg. Der Tank vom Golf ist randvoll und deine Parkkarte für das Schulgelände hast du auch. Eigentlich ist nichts mehr spannend.", versuchte er es ein letztes Mal, sie zu beruhigen.

Nadja nickte etwas verloren. "Ich war seit ziemlich genau einem Jahr nicht mehr in der Schule. Seitdem ist so viel passiert.", sinnierte sie. Das letzte Jahr lief wie in einem Film vor ihr ab. Wie sie an der Bushaltestelle in den kleinen Transporter gestiegen war um bei Boris in der Hölle zu landen. Sie schauderte, als die Gedanken zu den unzähligen Vergewaltigungen kamen, die man ihr angetan hatte. Sie dachte an Tom und an Arramoa. Und es kam auch wieder hoch, dass ihr Vater sie zum zweiten Mal verstoßen hatte.

Sie seufze kurz auf und schluckte die Tränen herunter, die sich bilden wollten. "Ich sollte losfahren.", meinte sie schließlich nüchtern und trank ihren Orangensaft aus. Joe schüttelte nur amüsiert den Kopf. "Die Schule beginnt um neun Uhr. Jezt ist es gerade acht. Und die Fahrt dauert nur etwa 15 Minuten. Nadja war schon aufgestanden und sank wieder auf ihren Stuhl. "Oh ich hoffe ich schaff das."

"Und ob du das schaffst!", bestimmte Joe sehr fest und strich ihr über die Wange. Nadja schmiegte ihr Gesicht an seine Hand und nahm noch einen Toast. Hunger hatte sie zwar keinen aber sie zwang sich etwas zu essen. Sonst würde sie den Vormittag kaum überstehen.

Joe machte sich schließlich zur Abfahrt bereit und Nadja sammelte ihre Schulsachen in den nagelneuen Rucksack den Joe ihr geschenkt hatte. Bedächtig schloss sie den Reißverschluss und ging zum Auto, welches Geoffrey schon vor der Türe geparkt hatte. Sie fragte sich für einen Augenblick, ob es ihr lieber gewesen wäre, wenn Joe mitkäme. Aber das brächte sie nur in eine peinliche Situation. Bestimmt wurde niemand anderes von seinen Eltern gebracht.

Außerdem würde es schwer genug werden über ihr wahres Verhältnis die Klappe zu halten. Sie hatten sich darauf geeinigt, dass Joe ein Freund ihrer Mutter wäre und sie deshalb bei ihm lebte um in Amerika zur Schule zu gehen. Ob das glaubwürdig war, wusste sie nicht. Aber sie müsste es ja auch nicht jedem direkt auf die Nase binden müssen.

1 Kommentar:

  1. Ein aufregender Start. Und so viele Fragen. Alle anderen Mitschüler werden aus Seattle stammen oder der näheren Umgebung, sie werden gelöster und fröhlicher sein, weil sie nicht so viel erleben mussten wie Nadja. Sie sind eben anders.

    Hoffentlich wird Nadja erleben, dass man auch anders sein kann und deswegen nicht schlechter sein muss. Sie wird schon Anschluss finden, da bin ich recht sicher. Auf in den Kampf kleine Nadja.. schaffste schon!

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